Zuletzt aktualisiert am 23. November 2013 von Birk Karsten Ecke
Heute hatte ich Gelegenheit das Weitwinkelzoomobjektiv SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM zu testen. SIGMA war der erste Hersteller von Objektiven für die großen Kamerahersteller wie CANON, NIKON, PENTAX und SONY überhaupt, der solch ein Weitwinkelobjektiv für das digitale Kleinbildformat mit einer extrem geringen Anfangsbrennweite von nur 12 Millimeter auf den Markt brachte.
Mittlerweile hat aber auch NIKON selbst ein Weitwinkelzoom mit 12 bis 24 Millimeter Brennweite im Angebot, von CARL ZEISS gibt es eine 15 Millimeter Festbrennweite und SAMYANG hat eine 14 Millimeter Festbrennweite im Angebot. Nachdem der Straßenpreis für das Sigma 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM auf ein verträgliches Maß gefallen ist, lohnt sich ein Blick auf dieses interessante Objektiv. Die Mitbewerber – mit Ausnahme des koreanischen SAMYANG – sind alle weitaus hochpreisiger.
Faszination Weitwinkelfotografie
Wir Menschen haben einen Blickwinkel von etwa 42 Winkelgrad und so nehmen wir tagtäglich unsere Umgebung wahr. Deshalb sind Objektive mit einer “Normalbrennweite” von 35 Millimeter oder 50 Millimeter auch bis heute ein Klassiker in der Fotografie, denn sie kommen dem menschlichen Bildeindruck am nächsten. Weitwinkelobjektive erweitern dagegen den Bildwinkel deutlich – moderne Berechnungs-, Konstruktions- und Fertigungsmethoden machen es möglich. Durch die Erweiterung des Bildwinkels wirken insbesondere Landschaften viel weitläufiger und Innenräume von Gebäuden deutlich größer. In den engen Altstädten Europas sind Weitwinkelobjektive auch oft die einzige Möglichkeit, große Bauwerke komplett abzulichten. Nie wieder Kirchen ohne Türme oder Straßenzüge ohne Hausdächer! Oft erkennt man Details einer Weitwinkelaufnahme erst beim genauen Anschauen der Bilder auf einem guten Bildschirm oder auf einem Ausdruck.
Wo ist das Problem?
Die Weitwinkelfotografie kann schnell zum Frust werden, wenn man als Fotograf die Kamera nicht genau in der horizontalen Achse zum aufzunehmen Objekt hält. Jedes Kippen, ob nach oben oder oder unten, führt unweigerlich zu stürzenden vertikalen Linien. Dieses optische Phänomen tritt insbesondere bei Aufnahmen von Gebäuden auf: Häuser, Kirchen und die schönen bayerischen Königsschlösser kippen und haben die Form eines Trapezes – ja, und dann waren es am Stammtisch oder im Familienkreis das Scheissobjektiv und die Scheisskamera für soviel Geld (und überhaupt hat es das früher nicht gegeben)!
Ein Tipp von mir: Weder Kamera noch Objektiv sind Schuld! Je geringer die Brennweite eines Objektivs, desto mehr Sorgfalt muss man in die Bildkomposition verwenden. Und dabei macht Übung den Meister! Entweder man richtet die Kamera von Hand sorgfältig aus oder man benutzt bei Weitwinkelaufnahmen ein Stativ mit entsprechenden Wasserwaagen, die eine dreidimensionale Ausrichtung der Kamera ermöglichen. Ich persönlich bin oft zu faul, mein leichtes Carbonstativ mitzuschleppen, und investiere vor Ort lieber ein paar Aufnahmen in eine erträgliche Haltung meiner Spiegelreflexkamera.
Technische Daten des SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM
Glieder / Linsen | 13 / 17 |
Diagonaler Bildwinkel | 84.1 ° … 122 ° |
Blende | f4.5 … f22 |
Naheinstellgrenze | 280 mm |
Abbildungsmaßstab | max. 1:6.4 |
Abmessungen | Ø = 87 mm l = 120.2 mm |
Masse | 670 g |
geeignet für | Kleinbildsensor DLSR und 35 mm analog |
Optik und Haptik des SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM
Das Objektiv ist wie für SIGMA typisch, sehr hochwertig verarbeitet und macht auch optisch einiges her. Das Gehäuse besteht zwar aus Kunststoff, fasst sich aber gut an. Die Einstellringe für Brennweite und manuelle Scharfstellung haben einen angenehmen Widerstand. Die Masse des Objektivs lässt darauf schließen, dass SIGMA Optiken aus Glas verbaut hat. Wegen der Baulänge von 120 Millimeter ist es auch für Fotografen mit größeren Händen gut zu bedienen.
Da die Frontlinse dieses Objektivs prinzipbedingt eine sehr starke Rundung aufweist, ist die Sonnenblende aus Leichtmetall fest an der Optik montiert. Als Frontabdeckung hat SIGMA einen dicken Ring aus Leichtmetall spendiert, an dem man den Objektivdeckel befestigen kann. Mal sehen, wann die Beschichtung von der Gegenlichtblende herunter ist.
Stärken des SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM
Für den Preis des SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM geht die Bildqualität absolut in Ordnung. Die Verzeichnungen halten sich Grenzen und die leichte tonnenförmige Verzeichnung vertikaler Linien lässt sich mit Adobe Lightroom & Co. problemlos korrigieren. Das Packmaß und der Zoombereich mit Brennweiten zwischen 12 Millimeter und 24 Millimeter machen dieses Objektiv zum idealen Reisebegleiter für die Landschafts- und Architekturfotografie.
Farben werden vom SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM satt wiedergegeben. Auch die Bildqualität bei schlechten Lichtverhältnissen und hohen adäquaten ISO Werten geht in Ordnung. Auf den fehlenden Bildstabilisator kann man bei derartige geringen Brennweiten problemlos verzichten. Den haben die Mitbewerber auch nicht.
Schwächen des SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM
Gemessen am aktuellen Straßenpreis des SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM kann ich persönlich keine unverzeihlichen Schwächen feststellen. Man muss sich immer vor Augen führen, dass dieses extreme Weitwinkelobjektiv mit einer Anfangsbrennweite von nur 12 Millimeter an einer digitalen Spiegelreflexkamera mit Vollformatsensor oder Kleinbildsensor entwickelt wurde. SIGMA weist im Datenblatt zum Objektiv SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM ausdrücklich darauf hin, dass man nicht direkt ins Sonnenlicht oder helle Lichtquellen fotografieren soll. Das ist wirkliches Understatement. Wie das folgende Foto zeigt, ist selbst das kein Problem – es gibt nur zwei kleine Lensflares – auch an diesem sonnigen Spätherbsttag gegen 12:00 Uhr mit der tief stehenden Mittagssonne.
Eine Sache habe ich dennoch zu bemängeln: Der Schalter für die Umstellung von manuellem Fokus auf automatischen Fokus ist an einer ungünstigen Stelle auf der linken Objektivseite platziert. Mir als Rechtshänder passierte es heute während des Tests laufend, dass ich den Schalter beim Fotografieren ungewollt verstelle. Konstruktionsbedingt lässt sich leider kein Filter mit diesem Objektiv verwenden.
Am Besten im RAW Format fotografieren
Am Besten fotografiert man mit dem SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM im RAW Format. So lässt sich die geringe Verzeichnung des Objektivs im Nachinein problemlos korrigieren. Der von mir hochgeschätzte RAW Konverter DxO Optics Pro in der Elite Edition hat für die Kombination von Kamera NIKON D700 und Objektiv SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM ein optisches Modul, das automatisch installiert wird, wenn die ersten Fotos geladen werden.
Fazit
Insgesamt hat der Fotospezialist SIGMA mit dem SIGMA 12-24 mm F4,5-5,6 II DG HSM ein ordentliches Weitwinkelobjektiv auf den Markt gebracht. Wegen der extrem geringen Anfangsbrennweite von nur 12 Millimeter ist es eher für fortgeschrittene Fotografen gedacht. In geübten Händen lassen sich aber Fotos mit einer atemberaubenden Perspektive zaubern. Sinn macht dieses Objektiv aber nur an einer Kamera mit einem Bildsensor im Kleinbildformat.