Zuletzt aktualisiert am 22. März 2019 von Birk Ecke
Die Worte Schärfentiefe, Tiefenschärfe oder Bokeh klingen zuerst einmal sehr abstrakt. Das sind sie aber nicht, denn einfach ausgedrückt entscheidet die Schärfentiefe eines Fotos letztlich über die dreidimensionale – also räumliche – Wirkung eines Fotos. Wenn wir etwas Hintergrundwissen zu diesem Thema haben, ist es auch sehr einfach, damit kreativ umzugehen und gute Fotos zu machen.
Unsere visuelle Wahrnehmung
Normalerweise sehen unsere Augen nur etwa fünf Prozent unserer Umwelt scharf und deutlich. Dass wir dennoch meinen, alles um uns herum perfekt wahrzunehmen, liegt an der Leistungsfähigkeit unserer Augen und unseres Gehirns. Die Augen wandern ständig von Detail zu Detail in unserer Umgebung und stellen dank unseres Gehirns die Schärfe ständig nach. Unser Gehirn macht aus diesen vielen Bildern letztlich ein scharfes Gesamtbild. Wenn wir jedoch ernsthaft einen Ausschnitt unseres Gesichtsfeldes fixieren, nehmen wir den Rest vor und hinter dem fixierten Bild unscharf wahr. In der Zeit vor den Digitalkameras war eigentlich kein Foto in allen Bereichen wirklich scharf. Bei Weitwinkelaufnahmen und großen Entfernungen konnte man allerdings schon eine gute Schärfentiefe erzeugen. Nicht zuletzt wirkten die damals machbaren kleinen entwickelten Fotos meist gut, weil kleine Bilder eine scheinbar bessere Schärfentiefe haben als große.
Kompaktkamera versus Spiegelreflexkamera
Für die Schärfentiefe eines Fotos sind BLENDE – BRENNWEITE – AUFNAHMEABSTAND entscheidend. Die Schärfentiefe ist bei kleinen Blenden, kurzen Brennweiten und größerem Abstand zwischen Bildsensor und Motiv (also kleinem Abbildungsmaßstab) größer. Das ist der Grund, weshalb Kompaktkameras mit eben dieser kleinen Blende und der kurzen Brennweite immer ein durchgängig scharfes Bild liefern. Zur Verringerung der Schärfentiefe ist eine große Blende und ein geringer Abstand zum Motiv erforderlich. Dazu kommt die Größe des Bildsensors der Kamera. Mit einem kleinen Bildsensor entstehen bei vergleichbarer Blende immer Bilder mit einer großen Schärfentiefe. Das ist Physik und daran können auch Bildauflösungen bis 12 Megapixel bei Kompaktkameras nichts ändern. Und genau das ist der Grund, weshalb wir mit einer Kompaktkamera nie professionelle Bilder machen können. Die Profis unter den Fotografen benutzen daher immer eine teure Spiegelreflexkamera mit einem großen Bildsensor – meist einen FX Sensor im Kleinbildformat.
Digitale Spiegelreflexkameras mit einem Sensor im Kleinbildformat sind allerdings sehr teuer – die dazu passenden hochwertigen Objektive selbstverständlich auch. Eine Nikon D700 – die Einsteigerklasse in die Nikon Kameras mit einem FX Sensor von 36 x 24 mm – kostet um die 2.100,- EURO. Eine Canon EOS 5D Mark II steht ihr preislich um nichts nach. Ein guter Kompromiss zwischen Preis und Leistung für den ambitionierten Hobbyfotografen sind die DLSR’s mit einem DX Sensor mit einer Größe von 23,6 x 15,8 mm, wie beispielsweise die Nikon D90 oder die Canon EOS 550D mit einem Bildsensor von 22,3 x 14,9 mm für etwa 750,- EURO. Dazu kommt noch der Preis für die entsprechenden hochwertigen Objektive, die jeweils mindestens nochmals mit dem Preis der Kamera zu Buche schlagen.
Eine Sonderstellung nehmen die DLSR’s von Olympus und und allen Herstellern ein, die für den Bildsensor den FOUR-THIRDS Standard nutzen, ein. Der Bildsensor ist mit 17,3 x 13 mm deutlich kleiner als der von der Konkurrenz bei Nikon und Canon. Für ambitionierte Hobbyfotografen ist bei dieser kleinen Sensorgröße Vorsicht geboten. Diese Spiegelreflexkameras machen bei guten Lichtverhältnissen bis ISO 400 auch gute Fotos – aber wegen des kleinen Bildsensors eben nur dort. Wer als ambitionierter Hobbyfotograf das Geld für eine Spiegelreflexkamera und entsprechende Objektive ausgibt, sollte das auf jeden Fall vor dem Kauf bedenken. Der Vorteil dieser FOUR-THIRDS Kameras liegt zweifellos in einem geringeren Gewicht von Kamera und der Objektive – und sie sind wegen der guten Handhabbarkeit für kleinere Hände oder des Volumens des Reisegepäcks wegen der geringeren Abmessungen zu empfehlen. Deshalb nutzen Reisefotografen durchaus auch Spiegelreflexkameras von Olympus.
Bokeh – Die ästhetische Unschärfe
Bei der Unschärfe großer Teile eines Fotos kommt es auf deren Qualität an. Die Qualität der Unschärfe wird BOKEH genannt. Billige Kameras mit mit billigen Objektiven erzeugen bei schlechten Lichtverhältnissen oft ungleichmäßige Unschärfen mit deutlichen Helligkeitsverläufen. Die dreidimensionale Wirkung eines Fotos ist aber stark davon abhängig, wie wir mit der Schärfentiefe umgehen. Für eine geringe Schärfentiefe ist ein möglichst großer Bildsensor erforderlich. Den Helligkeitsverlauf können wir mit einem hochwertigen und lichtstarken Objektiv sowie einer großen Blendenöffnung positiv beeinflussen. Ich persönlich finde Bilder wie die folgenden Makroaufnahmen besonders ästhetisch. Bei diesen Bildern gibt es einen sehr begrenzten Farbumfang und der Hintergrund weist ähnliche Farben auf, wie das fixierte Objekt. Für solche Aufnahmen müssen die Lichtstärke, der Lichteinfall und der Standort des Fotografen relativ zum Objekt stimmig sein – so wie auf den folgenden Bildern. Ich habe die Fotos bewusst nicht digital nachbearbeitet, denn sie wirken am Besten wie sie sind.